Das ist zurzeit der Eindruck, der sich im Vergleich Europa zu den USA stellt. Am Montag dieser Woche legte die letzte große Tech-Adresse ihre Ergebnisse und Perspektiven vor: Alphabet/Google. Was ist daraus zu entnehmen?
Die bekannten US-Techs decken mit ihren Kerngeschäften den Weltmarkt ab. Kein einziger Europäer oder Chinese kann ein Gegenmodell anbieten oder ein Konkurrent sein. Die Reichweite dieser Techs sowohl in der Hardware als in den Anwendungen werden umfangreich von den Europäern genutzt, womit sie von den Amerikanern eingefangen sind.
Finanziert werden diese Geschäfte überwiegend über Werbung und sonstige Informationen. Damit haben die Techs auch die Instrumente in der Hand, die öffentliche Meinung rund um den Globus zu gestalten oder zu manipulieren. Das gab es noch nie!
Tesla als E-Auto liefert einen weiteren Beleg. Vor 18 Monaten lächelten europäische Experten noch über die Kalifornier, ihre Rentabilität sowie die Qualität der Autos. Doch ein einziger Mann hat mit seiner Idee die weltweite Autowelt umgekrempelt. Nun müssen alle hinterherlaufen und verlieren teils schon den Atem. Blass vor Neid: Warum?
90 % dieser Kerngeschäfte werden ausschließlich von Privatkapital finanziert. Durchweg von Finanzinvestoren oder Fonds, hinter denen Kleinanleger stehen, die damit ihre Altersvorsorge aufbauen. Die Beihilfen des Staates beschränken sich auf kleine Vorteile, wie Standortwahl oder Abschreibungserleichterungen für Investitionen. Aber direktes Staatsgeld fließt nicht. Konkreter:
Von 360 Mill. Amerikanern finanzieren etwa 290 Mill. mit solchen Investments ihre Altersvorsorge. Ab Eintritt in das Berufsleben sparen sie monatlich im Kleinformat und nur 10 % (lt. einer Umfrage) bewegen sich spekulativer. Alle anderen sparen in Aktien, die das Kapital für die genannten spektakulären technologischen Erfolge sind.
Der Unterschied zwischen den USA und Europa wird deshalb immer größer. Wenn die US-Wirtschaft um 2,5 % jährlich zulegt, müssten Europa/EU, um das gleiche Resultat in Euro oder Dollar zu erreichen, rd. einen Prozentpunkt mehr wachsen. Ohne Großbritannien noch stärker. Dafür tragen sie ein gemeinsames Budget, mit dem die Starken die Schwachen finanzieren, aber kein Wachstum entsteht. Ohne Großbritannien wird es deshalb noch enger.
Premier Johnson machte 12 Stunden nach dem Austritt aus der EU schon klar: Keine Übernahme von EU-Regeln, sondern Befolgen eigener Vorschriften, die dem Land nützen. Die Brücke nach Washington über den Atlantik ist kürzer als die über den Ärmelkanal. Eine höhere Dynamik der britischen Wirtschaft gilt bereits als sicher. „Da haben wir den Salat“, hätte in einer solchen Situation ein ehemaliger Bundeskanzler gesagt.
Ihr
Hans A. Bernecker
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