Kurz vor Weihnachten kam es doch noch. Die Fed hat ihren Fahrplan für die weitere Geldpolitik der Amerikaner umschrieben und sich damit ziemlich festgelegt. Absehbar war, dass im Mittelpunkt aller Überlegungen stand, 12 Jahre Geldschwemme zu beenden, ohne die Wirtschaft zu beschädigen. Herausgekommen ist, was schon von 2004 bis 2007 erfolgreich absolviert wurde: In Minischritten um 0,25 %-Punkte werden die kurzen Zinsen verteuert. Damals ergaben sich insgesamt 18 solcher Schritte mit einer Anhebung der kurzen Zinsen von rd. 2 % auf 6,4 %, die die langen Zinsen (10 Jahre) von ca. 4 bis knapp 6 % begleiteten. Das ergab eine grundsätzliche Beruhigung der Liquiditätsversorgung mit der bemerkenswerten Nebenwirkung, dass der wichtige Immobilienmarkt keinen Knick erlitt. So ähnlich dürfte es jetzt ebenfalls laufen.
Die Aufholjagd der Amerikaner läuft, aber unklar im Tempo und nur im Trend. Die Inflation ist der eigentliche Störfaktor, doch nur sehr gering oder begrenzt. Warum?
Zur Fed-Politik gehört es (festgeschrieben), für Wirtschaftswachstum zu sorgen und für Zinsen. Die Inflation spielt nur eine begleitende Nebenrolle. Die Amerikaner nehmen es hin, eine Beschleunigung der Teuerung zu riskieren, wenn dabei das grundsätzliche Wachstum erhalten bleibt. Das liegt daran, dass alle Amerikaner grundsätzlich ihre Geschäftsmodelle und ihre persönlichen Investitionen auf Wachstum abstellen.
Ein kurzer Rückblick dazu: Die Entwicklung der Inflation von 1973 bis 1982 war die Folge der hohen Schulden aus dem Vietnam-Krieg, der Ölverteuerung und die damit verbundenen typischen Probleme jeder Industriegesellschaft. Dennoch wurde es hingenommen und erst Paul Volcker hat dies unterbunden. Der Stand vom Februar 1981: T-Bondrenditen 16 %, Inflationsrate um 8 %, aber Nettowachstum der Wirtschaft immer noch 3 – 4 %. Kurzum:
Die zitierten Zinsverteuerungen wurden von einem S&P als größtem Index der Welt mit einem Wachstum von rd. 30 % begleitet. Und zwar Schritt für Schritt, allein vor dem Hintergrund einer wachsenden Wirtschaft. Das ist diesmal ebenfalls zu unterstellen. Allerdings:
Langsam steigende Zinsen führen zu ebenfalls langsamer Anpassung der Bewertungen. Daraus ergibt sich kein Crash, aber eine schrittweise Reduzierung. KGVs von 40 und mehr lassen sich nicht dauerhaft rechtfertigen. Auch dafür gibt es Vorbilder aus der Dotcom-Krise, als die teuersten Unternehmen ähnliche relative Bewertungen erreicht hatten wie heute und sich trotzdem in den folgenden zwei Jahren rund halbierten. Das steht einigen Giganten noch bevor. Ergo:
Die Fed hat mit ihrer Entscheidung von Mittwoch, dem 15.12.21, eine neue Periode der wirksamen Kriterien für die Bewertung von Assets eröffnet. Darauf kann man positiv reagieren.
Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Fest und alles Gute fürs neue Jahr.
Ihr
Hans A. Bernecker
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