Die Pandemie bringt jede Woche neue Zusammenhänge, die es vorher nie gab. Die neuste Variante lautet: Was ist wichtiger, ein Impfstoff oder eine harte Regulierung bzw. Kontrolle der gesamten Bevölkerung in Deutschland und/oder Europa? Daran hängt mehr, als auf den ersten Blick erkennbar ist.
Die zweite Viruswelle rollt. Daran zu zweifeln ist Unsinn. Sie zu bewältigen hat deshalb Vorrang. Jedes Land hat seine eigenen Administrationen dafür, wobei Deutschland bislang Vorbild war. Die Schweiz kommt etwa an die gleiche Qualität heran. Wie auch immer: Allein dieser Sachverhalt entscheidet darüber, ob die Wirtschaft, die sich gerade zu erholen beginnt, wieder zurückgeworfen wird. Die Messlatte dafür sind nicht die Infektionen, sondern die Intensivfälle mit zurzeit rd. 70.000 und die sogenannte R-Rate mit zurzeit 1,25. In beiden steckt das wirkliche Problem der intensiven Ausweitung gegenüber den Infektionen insgesamt. Gelingt es, diese Zahlen begrenzt zu halten, so steckt darin Dauer und qualitative Erkenntnis, wie diese Welle bewältigt wird. Kleine und große Unternehmer müssen sich daran zwangsläufig orientieren. Die Breite dieser Wirkung ist größer als die Erkenntnisse großer Konzerne, die weltweit tätig sind.
Wie lange kann das dauern? Mindestens 4 – 8 Wochen allein aus den Erkenntnissen der Kontrollbehörden. Die logische Konsequenz lautet dann: Der Markt wird sich vorher kaum deutlich erholen können. Es sei denn, es gibt eine vorzeitige Terminierung für einen wirksamen Impfstoff, der umfänglich zur Verfügung steht.
Die Erwartungshaltung der Unternehmen greift dem eigentlich schon vor. 60 % aller Manager sind für das kommende Jahr grundsätzlich optimistisch. DAX & Co versuchen das Gleiche täglich, sind sich jedoch offensichtlich nicht einig. Es genügt also zu erkennen, wie aufgrund der Eindämmungen seitens der Behörden das Infektionsgeschehen verläuft und welche Konsequenzen daraus erwartet werden. Das wird sich voraussichtlich Woche für Woche überprüfen lassen. Das Gleiche zeichnet dann der DAX in ähnlicher Form ab, der nun im 8. Monat in der engen Bandbreite zwischen 12.000 und 13.000 hin und her schwankt, ohne einen Ausbruch erreichen zu können.
Einen solchen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Börse hat es, wie gesagt, noch nie gegeben. Es ist aber ein guter Indikator dafür, dass die Gefühle der Menschen und die Gefühle der Investoren sehr gleichwertig sind. Was kommt anschließend?
Bei einem Ausbruch aus dem genannten Korridor gibt es keinen langsamen Anstieg, sondern eine sehr zügige Entwicklung über das Jahresende hinweg. Wahrscheinlich ins Frühjahr hinein. Doch die Wette lässt sich gut begründen: Kapitalmärkte warten auf sichere Indikatoren, die sich einpreisen lassen. Sie greifen in der Regel den tatsächlichen Ergebnissen zeitlich vor. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass schon im November diese Indikatoren greifbar werden.
Ihr
Hans Bernecker