Der angeschlagene Energiekonzern Uniper hat im ersten Halbjahr einen Milliardenverlust erzielt und sieht kurzfristig keine Besserung. Für das laufende Jahr rechnet der MDAX-Konzern wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen mit einem negativen Ergebnis. Der Uniper-Aktienkurs sackt als Schlusslicht im Nebenwerteindex MDAX deutlich ab.
Laut den Q2-Zahlen schnellte der Verlust im ersten Halbjahr auf mehr als 12 Milliarden Euro. Mit 6,5 Milliarden Euro steht dabei mehr als die Hälfte davon im Zusammenhang mit erwarteten künftigen Unterbrechungen der Gaslieferungen. Außerdem sind in der Summe bereits bekannte 2,7 Milliarden Euro an Abschreibungen enthalten – unter anderem für die Pipeline Nord Stream 2. Und auch operativ rutschte Uniper in den ersten sechs Monaten ins Minus.
Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) rutschte auf minus 564 Millionen Euro nach einem positiven Betriebsgewinn von 580 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Das bereinigte Nettoergebnis betrug minus 359 Millionen Euro nach einem Gewinn von 485 Millionen Euro. Uniper-Chef Klaus-Dieter Maubach bezeichnete die operative Entwicklung des Geschäfts dennoch als "solide". Er führte die Volumina der Stromproduktion an, die im ersten Halbjahr auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums lagen.
Das sagen die Analysten
Der Energiekonzern habe extrem schlechte Zahlen vorgelegt, konstatierte auch Analyst John Musk von der kanadischen Bank RBC. Negativ wertete sein Kollege Vincent Ayral von der US-Bank JPMorgan zudem geringere Erzeugungskapazitäten auf dem britischen Absatzmarkt. Doch immerhin vom Gasgeschäft gebe es bessere Nachrichten als zum Jahresbeginn, wenn man die Belastungen im Zusammenhang mit Russland herausrechne.
Einig waren sich beide Experten, dass der Fokus der Anleger stärker auf langfristige strategische Punkte rund um die Gasversorgung sowie Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung als auf die aktuellen Zahlen gerichtet sein dürfte. Laut Uniper belaufen sich die Verluste wegen ausbleibender Gaslieferungen auf täglich im Schnitt 60 Millionen Euro und insgesamt auf bisher 3,8 Milliarden Euro. Bei einer Fortschreibung dieser Entwicklung bis Ende September würde dieser Verlust auf 6,5 Milliarden Euro wachsen, so das Unternehmen.
Angesichts der möglichen Ergebnisschwankungen sei es zudem keine Überraschung, dass Uniper keine konkreten Finanzziele für die drei kommenden Jahre genannt, sondern nur für 2024 die Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht gestellt habe, schrieb RBC-Analyst Musk weiter. Die Aktie bleibe daher ein Investment nur für sehr mutige Anleger.
Das macht die Uniper-Aktie
Obwohl am Markt bereits mit hohen Verlusten gerechnet worden war, war die Reaktion stark. Von ihrem rund drei Wochen alten Rekordtief bei 5,64 Euro sind die Uniper-Aktien trotz des Kurseinbruchs von zuletzt rund acht Prozent auf 7,10 Euro aber noch ein Stück entfernt. Die Halbjahreszahlen seien genauso desaströs wie erwartet, hieß es von einem Händler. Das Zahlenwerk sei zwar schwach, stehe aber wohl kaum im Fokus angesichts des Ausmaßes der Verknappung von russischem Gas, schrieb JPMorgan-Analyst Vincent Ayral in einer ersten Einschätzung. Negativ wirkten auch geringere Produktionskapazitäten auf dem britischen Absatzmarkt. Die Aktien der Wettbewerber Eon und RWE verzeichneten im Sog leichte Abschläge (Mit Material von dpa-AFX).