Von Raffaele Huang
The Wall Street Journal
Übersetzung: Thomas Steer
Activision Blizzard stellt im Januar die meisten Onlinespiele in China ein – darunter „World of Warcraft“, „StarCraft“ und „Diablo III“. Activision beendet damit seine 14-jährige Lizenzpartnerschaft mit dem chinesischen Internettechnologieunternehmen NetEase.
Blizzard Entertainment, eine Tochtergesellschaft von Activision Blizzard, und NetEase konnten sich nicht auf eine Verlängerung ihrer Lizenzvereinbarungen einigen. Das teilten die beiden Unternehmen am Donnerstag mit. Informierten Kreisen zufolge lag es unter anderem daran, dass die beiden Parteien unterschiedlicher Meinung waren, wie die Daten chinesischer Spieler kontrolliert werden sollen. Das Sammeln von Daten durch einflussreiche Internetunternehmen und der Umgang mit ihnen ist seit einigen Jahren ein Streitpunkt zwischen den USA und China.
Die bestehenden Lizenzvereinbarungen betreffen einige der beliebtesten Blizzard-Spiele in China. Blizzard wird ab dem 24. Januar mit dem Auslaufen der Lizenzvereinbarungen nicht nur den Spielbetrieb einstellen; das Unternehmen wird in den kommenden Tagen auch den Verkauf der Spiele in China einstellen, heißt es in einer Mitteilung.
Laut Blizzard konnte man sich nicht auf eine Regelung einigen, die sich „mit den Geschäftsprinzipien des Unternehmens und seinen Verpflichtungen gegenüber den Spielern und Angestellten vereinbaren lässt“.
NetEase erklärte in einem öffentlichen Brief an die Gamer, dass es mit Blizzard „in mehreren wichtigen Punkten bezüglich der Partnerschaft nicht übereinstimmt.“ Activision Blizzard gab seine Entscheidung einige Stunden vor NetEase bekannt. Das chinesische Unternehmen sagte, ihm blieb daher keine andere Wahl als die Entscheidung zu akzeptieren.
Die NetEase-Aktie fiel in Hongkong am Donnerstag um 10 Prozent.
Die Partnerschaft geht zu einem Zeitpunkt zu Ende, da Chinas Videospielsektor mit strengeren Vorschriften, weniger staatlichen Lizenzen für neue Spiele und einer sich abschwächenden Wirtschaft zu kämpfen hat. Bisher konnten NetEase und sein größerer Konkurrent Tencent mit ihren alten Spieleklassikern zuverlässig Einnahmen generieren. Bei ihren neuen Spielen warten sie dagegen noch auf die Genehmigung. Beliebte ausländische Spieletitel könnten für chinesische Anbieter Impulse liefern, obwohl Peking seit Juni 2021 kein grünes Licht mehr für ausländische Spiele gibt.
Es gab aber auch noch andere Gründe, warum die Vertragsverlängerung nicht zustande kam. Insidern zufolge war man sich unter anderem nicht einig, was das Eigentum und die Rechte an bestimmten Spiele-Franchises angeht.
In China sind die Behörden besorgt über den Schutz personenbezogener Daten und den Export von Daten chinesischer Internetnutzer. Daher wurden die Regeln für die Übermittlung von Daten ins Ausland verschärft. Unterdessen prüfen auch die USA die Datenschutzpraktiken chinesischer Unternehmen und Dienste.
Laut Mike Ybarra, Präsident von Blizzard Entertainment, sucht das Unternehmen nach anderen Möglichkeiten, seine Spiele zurück nach China zu bringen. Blizzard führt derzeit Gespräche mit einigen potenziellen Partnern. Darunter sei auch Tencent, heißt es aus informierten Kreisen.
Tencent hat gute Vertriebskanäle und Erfahrung mit ausländischen Spiele-Franchises. Daher ist es wahrscheinlich der einzig logische Partner für Activision Blizzard, um NetEase zu ersetzen, sagt Lisa Hanson. Sie ist Gründerin von Niko Partners, einem Forschungsunternehmen für die Videospielbranche. Das Fehlen anderer guter Kandidaten könnte sich für Activision Blizzard bei den Verhandlungen mit Tencent als nachteilig erweisen. Tencent arbeitet auch bereits mit Activision in China zusammen, und zwar im Zusammenhang mit dem Spiel „Call of Duty: Mobile“, fügte Hanson hinzu.
Die Partnerschaft zwischen Blizzard und NetEase hat dem amerikanischen Spieleentwickler den Zugang zum weltweit größten Markt für Computer- und Handyspiele erleichtert und NetEase gleichzeitig weltberühmte Spieltitel beschert.
Rund 3 Prozent des Umsatzes von Activision Blizzard stammten im vergangenen Jahr aus China. Activision sieht in China nach eigenen Angaben einen Wachstumsmotor, obwohl das Umfeld für Videospiele dort schwieriger ist.
NetEase zufolge wird das Auslaufen der Lizenzen keinen wesentlichen Einfluss auf seine Finanzen haben. Denn der Anteil der Blizzard-Spiele an seinen Einnahmen und Erträgen liege im niedrigen einstelligen Bereich. Nach Angaben von Niko Partners hat Activision Blizzard allerdings etwa 10 Prozent zur Computerspiel-Sparte von NetEase beigetragen.
„Diablo Immortal“, ein Multiplayer-Spiel, das NetEase gemeinsam mit Blizzard entwickelt und im Juli in China auf den Markt gebracht hat, soll nach Angaben der beiden Unternehmen auch weiterhin in China angeboten werden. Denn das Spiel fällt unter eine separate Vereinbarung zwischen den beiden Unternehmen.