Die Quartalsbilanzen von US-Tech-Giganten, die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) und wegweisende Konjunkturdaten – die neue Woche bietet einiges für die Börsianer. Die Nervosität an den Aktienmärkten, die sich zuletzt etwas gelegt hatte, könnte also wieder steigen. In Deutschland starten die ersten beiden DAX-Konzerne mit Q4-Zahlen.
"Nichts geht mehr" lautete am Freitag das Motto am deutschen Aktienmarkt. Vor der Sitzung der Europäischen Zentralbank in der neuen Woche gingen die Investoren auf Nummer sicher. Die Erwartung, dass die EZB die Zinsen bald schon senken könnte, verflüchtigen sich zusehends. Der Leitindex DAX beendete die Woche im Xetra-Handel bei 16.555 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Titel ging bei 25.432 Zählern ins Wochenende.
Auf Wochensicht ist die Bilanz des DAX mit minus knapp einem Prozent negativ. Der Index-Rekord vom Dezember bei gut 17.000 Zählern ist mittlerweile rund 450 Punkte entfernt. Für Experte Jürgen Molnar von RoboMarkets ist das Börsenbarometer angeschlagen. Er hält eine Wiederaufnahme des jüngsten Abwärtstrends für möglich. "Das Risiko fallender Kurse ist aktuell höher einzuschätzen als die Chance auf eine Fortsetzung der Rally."
Das Geschäft mit Aktien dürfte sich in der vierten Handelswoche des neuen Jahres nun deutlich beleben, zumal auch erste deutsche und europäische Schwergewichte ihre Quartalsberichte vorlegen.
Im Fokus dürften zunächst jedoch die Bilanzen großer US-Tech-Konzerne stehen. Mit Netflix , Texas Instruments , IBM und Intel stehen gleich mehrere Branchengrößen auf der Agenda. Hier hatten Anleger zuletzt überwiegend eine abwartende Haltung an den Tag gelegt. Positive Überraschungen der Unternehmen könnten also mit Aktienkäufen quittiert werden. Das gilt auch für den E-Auto-Hersteller Tesla , dessen Aktien zuletzt auf ein Tief seit zwei Monaten gefallen waren.
Kein Zinsschritt der EZB zu erwarten
Gefahr droht dem deutschen Leitindex DAX derweil von möglicherweise überzogenen Erwartungen an Zinssenkungen in der Eurozone. Die EZB dürfte die Leitzinsen am Donnerstag unverändert belassen. Marktexperte Ronald Gehrt vom Broker Lynx verwies darauf, dass die Notenbank erst im kommenden Jahr mit einem Rückgang der Inflation in ihre Zielzone um zwei Prozent rechnet. "Damit dürften Zinssenkungen 2024 wenn, dann moderat ausfallen, mehr als Geste (...) Und so manchem Bullen wird auch langsam bewusst, dass nicht der Beginn, sondern erst die Endphase einer Serie von Zinssenkungen das Wachstum stimuliert."
Am Anleihemarkt hatten Investoren ihre großen Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen zuletzt schon etwas korrigiert: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen war in den vergangenen Wochen von Tiefständen unter 2,0 Prozent wieder gestiegen. Sollte die EZB die noch immer hochgesteckten Erwartungen enttäuschen, droht ein weiterer Anstieg der Renditen - und möglicherweise weitere Rücksetzer an den europäischen Aktienbörsen.
Gleich am Montag wird die chinesische Zentralbank über den geldpolitischen Schlüsselsatz für China entscheiden, der im Fachjargon als Loan Prime Rate – kurz LPR – bekannt ist. Er dient zur Festlegung der Verbraucherkredit- und Hypothekenzinsen. Die meisten Kredite in der Volksrepublik basieren auf dem einjährigen LPR-Zins.
Ifo-Index und erste DAX-Zahlen
Einen Blick wert dürften in der neuen Woche auch der ifo-Geschäftsklima-Index und Umfragen unter Einkäufern in Unternehmen in Europa und den USA sein. Beide Konjunkturdaten gelten als wichtige Frühindikatoren. Experten rechnen damit, dass sich hier die moderate Erholung der vergangenen Monate fortsetzt. "Allerdings könnte die Gefährdung der Schifffahrt durch die Huthi-Miliz zu einer zurückhaltenderen Einschätzung der Unternehmen vor allem im Verarbeitenden Gewerbe führen", gibt die Landesbank Helaba zu bedenken.
Auch in Europa kommt die Saison der Quartalsberichte in der neuen Woche allmählich ins Laufen. Mit SAP und Sartorius stehen zwei DAX-Konzerne im Rampenlicht. Während SAP-Aktien zuletzt stark gestiegen waren und ein Rekordhoch nur knapp verpasst hatten, geht es für Sartorius seit Jahresbeginn abwärts. Neue Impulse für die europäische Halbleiter-Branche könnten von den Geschäftszahlen des Chip-Ausrüsters ASML und des Halbleiter-Produzenten STMicroelectronics ausgehen. (Mit Material von dpa-AFX)