Die Zinspolitik dürfte in den beiden nächsten Wochen an den wieder volatiler gewordenen Börsen das wichtigste Thema bleiben. Am Donnerstag teilt die EZB ihre Leitzins-Entscheidung mit, in der Woche drauf die Fed. Bereits am Mittwoch richtet sich die Aufmerksamkeit auch der deutschen Anleger auf neue US-Verbraucherpreis-Daten. Der DAX hat sich von seinen Rekordhöhen wieder entfernt.
Am deutschen Aktienmarkt ging es zuletzt mit den meisten Aktienkursen abwärts. Der DAX rutschte am Freitag unter dem Eindruck eines sehr schwachen US-Technologie-Sektors weiter ab. Neue durchwachsene US-Arbeitsmarktdaten fanden nur kurzfristig positive Beachtung. Ins Wochenende ging der deutsche Leitindex letztlich mit einem Abschlag von 1,5 Prozent auf 18.301 Punkte. Auf Wochensicht verlor er somit 3,2 Prozent.
Noch am Dienstag hatte der DAX im Verlauf bei 18.990 Punkten ein Allzeithoch markiert, bevor trübe US-Konjunkturdaten erste Gewinnmitnahmen auslösten. Inzwischen hat das Börsenbarometer von seiner fast 2.000 Punkte umfassenden Erholung seit dem Kurseinbruch Anfang August mehr als ein Drittel wieder eingebüßt. Wichtige technische Unterstützungen wie die 21-Tage- und auch die 50-Tage-Linie (bei 18.326) für den kurz- beziehungsweise mittelfristigen Trend wurden gerissen.
In den USA fielen die Aktien-Indizes am Freitag ebenfalls. An der Technologie-Börse Nasdaq hatte der Halbleiter-Konzern Broadcom die Anleger mit seiner Prognose enttäuscht. Auch die Euphorie um das Boom-Thema Künstliche Intelligenz (KI) scheint derzeit etwas nachzulassen.
EZB-Zinssenkung fast ausgemachte Sache
In der neuen Woche steht die Europäische Zentralbank im Blickpunkt der Börsianer. Eine weitere Zinssenkung durch die EZB am Donnerstag gilt an der Börse als eingepreist. Der weitere Abstieg vom Zinsgipfel stimuliere vor allem nachhaltig die konjunkturellen und damit fundamentalen Auftriebskräfte der Aktienmärkte, erklärte Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, die Bedeutung dieses Schrittes für die Börsen.
Das Überraschungspotenzial der EZB-Sitzung ist also eher gering, aber umso spannender ist der weitere Kurs der Notenbank der USA. Die Fed ist mit ihrer Zinsentscheidung knapp eine Woche nach der EZB an der Reihe. US-Notenbank-Präsident Jerome Powell hatte Ende August auf dem internationalen Notenbanker-Treffen in Jackson Hole die Märkte wissen lassen, dass die Zeit für sinkende Leitzinsen gekommen sei, weil sich die Inflationsrisiken verringert hätten.
"Die letzten US-Inflationsnachrichten hatten dazu beigetragen, dass die Fed ihren Schwerpunkt eher auf die Konjunktur- und weniger auf die Inflationssicherung setzen konnte", schrieben die Experten der Helaba. Damit bleibe der Arbeitsmarkt zentral für die künftige geldpolitische Ausrichtung der Fed.
US-Arbeitsmarkt weiter abgekühlt
Der jüngste Arbeitsmarkt-Bericht aus den Vereinigten Staaten für den Monat August fiel etwas schwächer aus als erwartet. Eine Abkühlung der US-Wirtschaft und des Arbeitsmarktes zeige sich immer deutlicher, erläuterte Thomas Altmann. Portfolio-Manager beim Vermögensverwalter QC Partners. Eine Katastrophe seien die Jobdaten nicht, aber sie machten den Weg für die erste Zinssenkung im September frei.
Am Markt dürfte allerdings weiter darüber spekuliert werden, wie groß der Zinsschritt der Fed ausfallen wird. Möglich scheint einigen noch immer eine Senkung um sogar 0,5 Punkte, wie etwa Fed-Mitglied Christopher Waller betonte. Es wird sich zeigen müssen, ob Anleger eher das Ausmaß der Zinssenkungen oder eine Abkühlung der Konjunktur höher gewichten. Auch die in der neuen Woche am Mittwoch anstehenden Inflationsdaten aus den USA dürften sie dabei im Blick haben, ebenso die Erzeugerpreise am Donnerstag sowie die Im- und Export-Preise am Freitag.
Volatilität bleibt hoch
Die Schwankungen am Aktienmarkt könnten vorerst hoch bleiben. Es sei derzeit Unsicherheit zu spüren, schrieb Experte Halver. Technologie-Aktien würden kritisch auf Substanz abgeklopft. Hohe Bewertungen, teilweise astronomische Umsätze und Gewinne sowie Skepsis an der aktuellen Profitabilität von Unternehmen mit Geschäftsfokus auf KI laden förmlich zu Gewinnmitnahmen ein. Auch eine mögliche weiche Landung der US-Wirtschaft werde hinterfragt, so Halver. Gleichzeitig ist er davon überzeugt, dass die Zinswende, die die Fed am 18. September einleiten werde, für konjunkturell frischen Wind sorgen wird.
Im schwierigen und meist schwachen Börsenmonat September könnte der DAX in der neuen Woche in Richtung 18.000-Punkte-Marke weiter abrutschen. (Mit Material von dpa-AFX)