Nach der erwarteten Zinssenkung der EZB um 0,25 Prozentpunkte am Donnerstag äußerte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde zum weiteren geldpolitischen Kurs der Notenbank. Dabei zeigte sie sich wie gewohnt vorsichtig, hob jedoch hervor, dass die Unsicherheit beim Ausblick auf die zukünftige Inflationsentwicklung größer als gewöhnlich sei.
Unter anderem sagte Lagarde in Ihrer Rede im Anschluss an den EZB-Zinsentscheid: „Die meisten Indikatoren für die zugrunde liegende Inflation deuten darauf hin, dass sich die Teuerung nachhaltig auf unser mittelfristiges Ziel von zwei Prozent stabilisieren wird.“ Gleichzeitig betonte Lagarde: „Die Inflationsaussichten für den Euroraum sind unsicherer als üblich.“
Marktteilnehmer über weitere Zinsschritte uneins
„Auch wenn die EZB heute wie erwartet eine Zinssenkung vorgenommen hat, rechnen wir nicht mit einer weiteren Senkung im nächsten Monat“, teilte indes Irene Lauro, Volkswirtin für die Eurozone bei Schroders mit. Ihrer Einschätzung nach deuten derzeit keine Daten darauf hin, dass etwaige Handelszölle die Wirtschaft bereits belasten – deshalb sei eine Unterbrechung im Lockerungszyklus wahrscheinlich.
Zudem sei ihrer Ansicht nach der Spielraum für die EZB kleiner geworden. „Da die Zinsen nun im mittleren Bereich ihrer geschätzten neutralen Spanne liegen, ist die Hürde für weitere Senkungen höher“, so Lauro. „Die EZB kann es sich leisten, vom Modus der Dringlichkeit in den der Geduld zu wechseln.“
Doch nicht alle Experten teilen diese Einschätzung. Manche Volkswirte halten zusätzliche Zinsschritte nach unten für möglich – insbesondere vor dem Hintergrund der nachlassenden Inflation.
„Da die Inflation schnell zurückgeht und sich Gegenwinde für das Wachstum verstärken, unterschätzt die EZB das Risiko, ihr Ziel zu verfehlen“, sagte JPMorgan-Marktanalystin Natasha May. Handelskonflikte könnten ihrer Ansicht nach auf mittlere Sicht sogar inflationsdämpfend wirken.