Die Wall Street zeigt am Freitag Nerven und ringt um Richtung. Die Zweifel an einem Dezember-Cut der Federal Reserve reißen nicht ab, während der Tech-Sektor unter Druck gerät. Nach wilden Kursausschlägen steht am Ende bei den wichtigsten US-Indizes ein gemischtes Bild.
Nachdem sich der Dow Jones mit dem am Mittwoch aufgestellten Rekordhoch noch positiv hervorgehoben hatte, schaffte er es heute als einziger der großen US-Indizes im Tagesverlauf nicht einmal zeitweise ins Plus. Er ging am Freitagabend 0,65 Prozent tiefer mit 47.147 Punkten aus dem Handel – auf Wochensicht steht ein Gewinn von 0,75 Prozent.
Unterdessen kämpfte sich der technologielastige Nasdaq 100 knapp aus der Verlustzone und rettete sich mit einem Mini-Plus von 0,06 Prozent auf 25.008 Zähler ins Wochenende. Im frühen Handel war er noch auf den tiefsten Stand seit Mitte Oktober abgerutscht. Der marktbreite S&P 500 gab um 0,05 Prozent auf 6.734 Punkte nach. Beide Indizes hatten sich zuletzt deutlicher von ihren Bestmarken entfernt.
Die Anleger plagten heute vorwiegend zwei Sorgen: Zum einen erscheinen die Bewertungen vieler KI-Unternehmen zunehmend ambitioniert – Tech-Aktien fielen auf den internationalen Märkten heute deutlich stärker als der Gesamtmarkt. Zum anderen mehren sich die Zweifel, ob die US-Notenbank Fed in diesem Jahr überhaupt noch einmal an der Zinsschraube dreht. Die Wahrscheinlichkeit für einen Dezember-Cut taxiert der Markt inzwischen auf unter 50 Prozent. Vor der Fed-Sitzung im Oktober war ein Senkung noch fast vollständig eingepreist. Zwar ließ der Abwärtsdruck im Tagesverlauf nach, doch echter Kaufmut wollte nicht aufkommen.
Von den Mag-7-Titeln erzielten mit Nvidia (plus 1,77 Prozent), Microsoft (plus 1,37 Prozent) und Tesla (plus 0,59 Prozent) immerhin drei Unternehmen Kursgewinne, nachdem sie zum Handelsstart noch tiefrot leuchteten. Beim Google-Mutterkonzern Alphabet (minus 0,77 Prozent) und dem Online-Händler Amazon (minus 1,22 Prozent) blieben aber größere Verluste auf der Kurstafel stehen.
Kräftig aufwärts ging es an der Nasdaq indes für die Aktien von Doordash und Warner Bros. Discovery. Doordash zeigte am Freitag eine bemerkenswerte Erholung und legte um 6,1 Prozent zu – nachdem der Kurs im frühen Handel noch auf den tiefsten Stand seit Mai gefallen war. Rückenwind erhielt der Lieferdienstleister vom Analystenhaus Needham, die ihre Kaufempfehlung bekräftigten. In ihrer Einschätzung bezeichneten sie den November-Kurssturz als überzogen. Das Papier von Warner Bros. Discovery verteuerte sich um 3,6 Prozent. Laut einem Bericht des Wall Street Journal bereiten Paramount, Comcast und Netflix Angebote für den Medienkonzern vor.
Dass die Risikobereitschaft der Investoren diese Woche abgenommen hat, zeigt sich vor allem am Ausverkauf des Bitcoins. Die größte Kryptowährung rutschte unter die Marke von 95.000 Dollar und entfernt sich damit immer weiter von den Rekordständen. Bereits Mitte Oktober verlor der Kryptomarkt mehr als eine Billion Gesamtmarktkapitalisierung, wie Daten von GeckoCoin zeigen.
Auch der Goldpreis stand weiter unter Druck. Er ging um zwei Prozent auf 4.084 Dollar je Unze runter. Lediglich der Ölpreis konnte sich dem Trend am Rohstoffmarkt entziehen und legte um zwei Prozent zu.
Der US-Dollar gewinnt zum Wochenende hin. Am Freitag fiel der Euro-Dollar-Kurs leicht auf 1,16. Zwar konnte der Euro einen Teil des kräftigen Anstiegs vom Vortag verteidigen, doch die Zurückhaltung am Markt vor Veröffentlichung der US-Konjunkturdaten ist spürbar. Analysten rechnen mit Impulsen für den Devisenmarkt, sobald der verschobene US-Arbeitsmarktbericht vorliegt. Dieser dürfte auch die Zinserwartungen der Fed neu justieren.
Enthält Material von dpa-AFX