BERLIN (dpa-AFX) - Zwei Wochen vor Heiligabend kommen die Spitzen des schwarz-roten Regierungsbündnisses noch einmal bei Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu Beratungen im Koalitionsausschuss zusammen. Auf der Tagesordnung stehen am Abend (ab 17.30 Uhr) einige Themen, die von praktischer Bedeutung von Millionen Menschen sind. Fraglich ist, ob es weitreichende Beschlüsse gibt, wie es in Koalitionskreisen weiter hieß. Wahrscheinlich ist dagegen, dass sich die Beratungen über Stunden bis in die Nacht erstrecken.
In ihrer Spitzenrunde beraten CDU/CSU und SPD über besondere Vorhaben oder aktuelle Probleme, das letzte Mal erst vor zwei Wochen. Damals ging es unter anderem um das inzwischen beschlossene Rentenpaket. Worum es diesmal gehen dürfte:
Krankenkassen - kommen höhere Beitragslasten?
Für Millionen gesetzlich Krankenversicherte könnten kommendes Jahr höhere Zusatzbeiträge zu bezahlen sein. Denn die Ausgaben der Krankenkassen steigen schneller als die Einnahmen. Ein Spargesetz mit Ausgabenbremsen vor allem bei den Kliniken steckt im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag fest. Die Zeit für Kompromisse wird immer knapper.
Vor dem Koalitionsausschuss hatte der Kassen-Spitzenverband in einem Brandbrief Bund und Länder dringend zum Handeln aufgerufen. Verbandschef Oliver Blatt sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wenn der Koalitionsausschuss aus dem kleinen Sparpaket auf den letzten Metern nicht doch noch ein echtes Sparpaket schnürt, werden wir in wenigen Wochen umfangreiche Beitragserhöhungen erleben." Dass Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) aber weitere Steuer-Milliarden locker macht, um sie in die Kassen zu stecken und höhere Zusatzbeiträge zu vermeiden, darf nach bisherigen Aussagen aus der Koalition bezweifelt werden.
Heizungsgesetz - wieviel Ökoenergie muss es sein?
Auch die angekündigte Reform des Gebäudeenergiegesetzes - oft als Heizungsgesetz bezeichnet - sorgt seit Wochen für Differenzen. Umstritten ist in der Bundesregierung, wie hart der Schnitt werden soll. Dabei geht es vor allem um die zentrale Vorgabe, dass neue Heizungen nur eingebaut werden dürfen, wenn sie zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Geplant sind umfassende Übergangsregeln. Funktionierende Heizungen dürfen weiter betrieben werden.
Die CDU strebt eine Änderung der 65-Prozent-Vorgabe an. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte von einem Zwang zur Wärmepumpe gesprochen. Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) dagegen warnte vor Rückschritten beim Klimaschutz. Dass es beim Koalitionsausschuss eine grundsätzliche Einigung gibt, ist dem Vernehmen nach wenig wahrscheinlich - das Problem könnte ins neue Jahr vertagt werden
Infrastruktur - weniger Hürden für den Ausbau?
Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hat gemäß Koalitionsvertrag ein umfassendes Reformpaket vorgelegt - Ziel: deutlich mehr Tempo bei der Sanierung von Brücken, dem Ausbau von Bahnstrecken, Autobahnen und Wasserstraßen. Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen vereinfacht, digitalisiert und erheblich beschleunigt werden. Derzeit dauert es bis zur Umsetzung von Projekten oft viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Bundestag und Bundesrat haben ein Milliarden-Sondervermögen zur Modernisierung der Infrastruktur beschlossen - Projekte sollen nun schnell umgesetzt werden.
Ein zentraler Hebel soll das "überragende öffentliche Interesse" sein. Für wichtige Projekte zur Modernisierung des Schienennetzes sowie für ausgewählte Autobahnprojekte gilt dies bereits, wie auch für den Ausbau erneuerbarer Energien. Das hatte die frühere Ampel-Regierung beschlossen. Das Verkehrsministerium will nun, dass weitere zentrale Verkehrsprojekte der Straße, Schiene und Wasserstraße sowie auch der Bau neuer Lkw-Stellplätze gesetzlich als Vorhaben des überragenden öffentlichen Interesses eingestuft werden. Darüber aber gibt es noch Verhandlungen vor allem mit Umweltminister Carsten Schneider (SPD), zumal Verkehrsminister Schnieder Anpassungen bei Umwelt- und Naturschutzpflichten plant.
Und wieder Rente - wer sitzt in der Reformkommission?
Bereits im Bundestag verabschiedet wurde vergangene Woche das schwarz-rote Rentenpaket. Zuvor war ein Streit in der Koalition über das geplante Gesetz zur Stabilisierung des Absicherungsniveaus teilweise so erbittert geführt worden, dass sogar Sorgen um den Fortbestand des Regierungsbündnisses aufkamen. Nun stehen Union und SPD neue Rentendebatten bevor.
Noch vor Weihnachten soll geklärt werden, wer genau in der Rentenkommission sitzen soll. Das Gremium soll im Sommer Vorschläge für eine umfassende Reform der Alterssicherung vorlegen. Ein wenig Zeit hat die Regierung hier noch: Die Kommission könnte in der Kabinettssitzung am 17. Dezember eingesetzt werden, dann hätte die Koalition ihre selbstgesetzte Frist eingehalten.
Noch vor Beginn der Reformberatungen in der Kommission haben Koalitionäre teilweise schon Punkte gesetzt, die für sie wichtig sind. So wandte sich CSU-Chef Markus Söder gegen eine von Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) ins Spiel gebrachte Einbeziehung unter anderem von Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Rente: "Wir wollen nicht, dass die Rentenkommission ein Instrument des Klassenkampfes wird", sagte Söder in München.
Private Altersvorsorge - wie ausgestalten?
Auch jenseits der gesetzlichen Rente plant die Bundesregierung weitere Änderung in der Alterssicherung: Mit einer Reform der privaten Altersvorsorge soll die Riester-Rente abgelöst werden, die seit Jahren die Erwartungen enttäuscht, die die Politik in sie hatte. Dazu hat Finanzminister Klingbeil einen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Ziel: Die steuerlich geförderte private Altersvorsorge soll attraktiver werden. Der weitere Aufbau dieser privaten Säule soll unter anderem mit den Dividenden eines Aktienpakets aus Beteiligungen des Bundes - etwa an der Post und der Telekom - gefördert werden. Das hatten die Spitzen der Koalition Ende November bereits generell beschlossen. Klingbeil sprach von einer Summe von rund 400 Millionen Euro. Nun soll es um Details gehen./bw/DP/zb