KÖLN (dpa-AFX) - In der deutschen Wirtschaft überwiegt zum Jahreswechsel zumindest in einem Punkt erstmals seit Jahren etwas die Zuversicht: 19 von 46 Verbänden, die das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) befragt hat, erwarten im neuen Jahr eine höhere Produktion als 2025. Mit einem Geschäftsrückgang rechnen nur 9 der Verbände.
Aus dem leicht positiven Saldo lasse sich jedoch keine starke wirtschaftliche Dynamik ableiten, schreibt das IW. Das belege auch die Erwartungen der Verbände, was Investitionen angeht: 11 Verbänden, die mit mehr Investitionen als 2025 rechnen, stehen 14 Verbände gegenüber, die einen Rückgang melden.
Viele Probleme bleiben
"Wer auf ein baldiges und umfassendes Ende der Wirtschaftskrise gehofft hat, wird auch 2026 enttäuscht", fasst IW-Direktor Michael Hüther die Ergebnisse der jährlichen Umfrage seines Hauses unter großen Branchenverbänden zusammen. "Das überrascht nicht, denn an den Rahmenbedingungen - Verunsicherung, schwacher Handel, teurer Standort - hat sich wenig geändert."
Zum Jahreswechsel 2025/2026 geben 18 der 46 teilnehmenden Verbände an, die aktuelle Lage in ihrem Wirtschaftsbereich sei schlechter als vor einem Jahr. Zumindest gibt es damit weniger Pessimismus als bei der Vorjahresumfrage: Zum Jahreswechsel 2024/2025 bewerteten 31 der seinerzeit 49 befragten Verbände die Lage in ihrer Branche als schlechter als ein Jahr zuvor.
Zuversicht bei Dienstleistern - viel Skepsis in der Industrie
Die Optimisten finden sich in der aktuellen Umfrage vor allem im Dienstleistungssektor, wozu etwa Banken und Versicherer zählen. Eine positive Entwicklung im Vergleich zum Jahresende 2024 sehen auch die Bauwirtschaft und der Immobiliensektor.
In der Industrie erwartet 2026 allein der Luft- und Raumfahrzeugbau ein wesentlich besseres Geschäftsjahr - eine Branche also, die von steigenden Verteidigungsausgaben profitieren dürfte. Mit etwas höherer Produktion rechnen unter anderem Schiffbau, Maschinenbau und Elektroindustrie. Auf schlechtere Geschäfte stellen sich zum Beispiel Automobilindustrie, Papierindustrie und Textilindustrie ein.
Vor allem der Industrie machten hohe Kosten am Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb zu schaffen, erklärt das Institut mit Sitz in Köln. Dazu kommen Handelsbarrieren und Zollschranken im weltweiten Geschäft.
Unter dem Strich schlechte Beschäftigungsperspektiven
In vielen Branchen wird sich der IW-Umfrage zufolge der Stellenabbau im neuen Jahr fortsetzen. 22 der 46 Verbände rechnen 2026 mit einer Reduzierung der Belegschaften. Nur 9 Verbände gehen von einem Zuwachs an Mitarbeitern aus, 15 erwarten eine stabile Beschäftigung.
Vor allem die Industrieverbände erwarten demnach, dass im neuen Jahr Personal abgebaut wird. Nur die Pharmaindustrie, der Luft- und Raumfahrzeugbau sowie Schiffbau und Meerestechnik beabsichtigen, neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Sondereffekte treiben Wachstum 2026 an
Konjunkturprognosen für 2026 gehen davon aus, dass es mit der deutschen Wirtschaft nach drei mageren Jahren zumindest etwas aufwärtsgehen wird. 0,8 Prozent bis 1,3 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden erwartet. Getrieben werden dürfte das Wachstum maßgeblich von Sondereffekten: staatliche Milliardenausgaben für Infrastruktur wie Straßen und Schienen sowie für Verteidigung. Zudem fallen im neuen Jahr mehr Feiertage auf ein Wochenende, so dass es mehr Arbeitstage gibt als 2025.
"Die deutsche Wirtschaft stabilisiert sich aktuell auf niedrigerem Niveau", sagt IW-Direktor Hüther. "Wenn wir wieder auf Wachstumskurs zurückkehren wollen, hat die Politik noch viel Arbeit vor sich."/ben/DP/he