
Nach der Vortagsrally am deutschen Aktienmarkt wegen neuer Hoffnung im Ukraine-Krieg zeigen sich die Anleger am Mittwoch erst einmal skeptisch. Etwa eine halbe Stunde vor dem Xetra-Auftakt steht der DAX 0,4 Prozent tiefer bei 14.760 Punkte. So hatte am Dienstag die Nachricht angetrieben, dass Russland Kampfhandlungen bei Kiew drosseln will.
Am Dienstag war der DAX +1,59% mit deutlichen Kursgewinnen zeitweise über die Marke von 14.900 Punkte gestiegen - und damit auf das Niveau von vor der russischen Invasion. Laut dem Experten Martin Utschneider ist der DAX dann in Reichweite der 15.000-Punkte-Marke an einem Widerstand abgeprallt.
Folgende Themen könnten heute Einfluss auf die Kurse nehmen:
Ukraine-Krieg
Die russische Ankündigung, die Kampfhandlungen bei Kiew zu drosseln, ist in der Ukraine und im Westen mit Skepsis aufgenommen worden. "Diese Signale übertönen nicht die Explosionen russischer Geschosse", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Nacht zum Mittwoch. Das US-Verteidigungsministerium sieht die russische Ankündigung als taktisches Manöver und warnt vor einer neuen Militäroffensive in anderen Landesteilen.
Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen
Die Bundesregierung bereitet sich vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief deswegen am Mittwoch die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus. Die Versorgungssicherheit sei weiter gewährleistet.
Vorgaben aus den USA
Der positive Schwung an den US-Börsen zum Wochenstart hat sich am Dienstag dank Entspannungssignalen im Ukraine-Krieg fortgesetzt. Einen Monat nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine zeichnet sich zwischen den beiden Ländern dem Anschein nach eine Deeskalation ab. Nach den jüngsten Verhandlungen in Istanbul will Russland nun seine "militärischen Aktivitäten" bei Kiew und Tschernihiw deutlich verringern.
Der Dow Jones Industrial +1,34% übersprang gleich zum Handelsstart locker die 35.000 Punkte-Hürde und legte zum Handelsschluss um ein Prozent auf 35.294 Punkte zu. Der marktbreite S&P 500 +2,23% rückte um 1,2 Prozent auf 4.631 Zähler vor. Der technologielastige Nasdaq 100 +2,62% stieg um 1,7 Prozent auf 15.239 Punkte und ist damit zurück auf dem Niveau von etwa Mitte Januar.
Handel in Fernost
Die wichtigsten Börsen Asiens haben auch am Mittwoch keine gemeinsame Richtung gefunden. In Japan fiel der Nikkei 225 +1,39% um 0,8 Prozent auf 28.027 Punkte. So legte der japanische Yen nach seinen zuletzt deutlichen Verlusten zum US-Dollar wieder zu. Zudem wurden einige Papiere ex Dividende gehandelt. In China stieg der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen vom chinesischen Festland um 2,2 Prozent. In Hongkong legte der Leitindikator Hang Seng +3,08% um 1,4 Prozent zu.
Konjunkturdaten
Die "Wirtschaftsweisen" dürften heute ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs deutlich senken. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung legt um 10.30 Uhr seine aktualisierte Konjunkturprognose für die Jahre 2022 und 2023 vor. Verschiedene Institute hatten ihre Wachstumserwartungen zuletzt nach unten korrigiert. Die Unternehmen werden etwa durch Lieferengpässe und steigende Energiepreise belastet.
Um 14 Uhr wird die neue Inflationsschätzung im Fokus stehen. Das Leben in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verteuert - und viele Volkswirte rechnen infolge des Ukraine-Krieges mit einem weiteren Preisschub bei Energie und Nahrungsmitteln. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden veröffentlicht seine erste Schätzung zur Entwicklung der Inflation im März.
Geschäftszahlen
Wie schon am Vortag veröffentlichen eine Reihe von Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe Geschäftsberichte. Die Aktien des Herstellers von Medizintechnik Eckert & Ziegler +2,49% legten daraufhin auf Tradegate kräftig zu, wenngleich die wesentlichen Zahlen für 2021 sowie der Ausblick für 2022 schon einige Tage bekannt sind.
Für die Aktien von Encavis +3,22% ging es vorbörslich um mehr als 3 Prozent nach oben. Der Solar- und Windpark-Betreiber blickt überraschend positiv auf das laufende Jahr.
Unter Druck gerieten hingegen die Papiere des In-vitro-Diagnostikers Stratec +3,37%. Auch die Aktien des Bildverarbeitungs-Spezialisten Basler +9,97% könnten einen Blick wert sein. Der Gewinnausblick des Unternehmens für 2022 liegt unter den Erwartungen. Zahlen kommen heute auch unter anderem von Carl Zeiss Meditec und Sixt.
Die Aktien des Logistik-Spezialisten Kion +4,95% fielen um 1,5 Prozent, nachdem die Bank Societe Generale ihre Kaufempfehlung gestrichen hatte.
Der Corona-Impfstoffhersteller BioNTech +6,40% legt um 12.45 Uhr seine Geschäftszahlen für das vierte Quartal und das Gesamtjahr 2021 vor. Zudem wird das Mainzer Unternehmen ab 14 Uhr auf einer Telefon- und Videokonferenz Investment-Analysten die Geschäftsentwicklung erläutern. Im Vorfeld der Zahlen legt die BioNTech-Aktie auf Tradegate gut zwei Prozent zu.
Corona-Lage
Bei den Infektionen mit dem Coronavirus ist die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz etwas gesunken. Das Robert Koch-Institut (RKI) gab den Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche am Mittwochmorgen mit 1.663 an. Zum Vergleich: Am Vortag hatte der Wert bei 1.703 gelegen. Vor einer Woche lag die bundesweite Inzidenz bei 1.734 (Vormonat: 1171,9). Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 268 477 Corona-Neuinfektionen. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 05.30 Uhr wiedergeben. Vor einer Woche waren es 283 732 Ansteckungen. (Mit Material von dpa-AFX)