Vor gut zwei Wochen hat die MTU Aero Engines AG ihre vorläufigen Geschäftszahlen für 2020 vorgelegt: Der Umsatz erreichte fast vier Milliarden Euro und damit etwa 14 Prozent weniger als im Jahr 2019. Der Triebwerksbauer ist damit recht glimpflich durch das Corona-Jahr gekommen. Der Gewinn nach Steuern sank allerdings um 45 Prozent auf 294 Millionen Euro. DER AKTIONÄR hat mit MTU-Finanzvorstand Peter Kameritsch über die weiteren Aussichten gesprochen.
DER AKTIONÄR: Wie zufrieden sind Sie mit den Quartals- bzw. Jahreszahlen? Was hätte Ihrer Meinung nach besser laufen können?
Peter Kameritsch: Unser rasches und entschlossenes Handeln angesichts der Corona-Krise hat sich ausgezahlt. Wir haben die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gut gemeistert und auch im Krisenjahr respektable Ergebnisse erzielt. Unsere Ergebnisprognose konnten wir sogar leicht übertreffen.
In den Umsatzzahlen für 2020 spiegeln sich die Produktionskürzungen bei Airbus und Boeing sowie rückläufige Flugzeug-Auslieferungen wider. Wann rechnen Sie mit einem Ende der Corona-Krise in der Luftfahrt?
Branchenexperten gehen davon aus, dass sich der Kurzstreckenverkehr schneller erholen wird als die Langstrecke. Im Kurzstrecken-Bereich dürfte das Vorkrisen-Niveau den Prognosen zufolge im Jahr 2023 wieder erreicht werden, auf der Langstrecke dürfte es etwas länger dauern.
Eine gewisse Unsicherheit bergen sicherlich die Virus-Mutationen. Wir werden die Marktsituation weiter genau beobachten und unser stringentes Liquiditätsmanagement fortführen. Damit steuern wir die MTU sicher durch die Zeit der Krise und des Neustarts und bewahren uns gleichzeitig den nötigen finanziellen Handlungsspielraum für organisches Wachstum und für Investitionen in neue Programme.
Corona dürfte den Luftverkehr verändern, Kurz- und Mittelstrecken-Flugzeuge werden in absehbarer Zukunft wohl stärker nachgefragt. Wie sehen Sie Ihre Position unter den Konkurrenten der Triebwerksbauer?
Die MTU ist durch ihr zukunftsfähiges Produktportfolio und ihre diversifizierte Kundenbasis gut aufgestellt. Wir haben eine starke Position bei Antrieben für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge, gerade auch bei modernen Flugzeugen wie der A220 oder der A320neo, die derzeit aufgrund ihrer hohen Effizienz verstärkt zum Einsatz kommen. Deren Triebwerke werden wir künftig auch deutlich vermehrt in der Instandhaltung sehen.
Darüber hinaus haben wir zahlreiche Kunden im Frachtbereich. Der Frachtverkehr hat sich in der Corona-Krise als äußerst robust erwiesen. Für Stabilität sorgt auch das Militärgeschäft, das von der Corona-Krise nicht betroffen ist.
MTU gehört zu den Interessenten einer Übernahme von ITP Aero, einer Tochter des britischen Triebwerksbauers Rolls-Royce, mit der MTU bereits zusammenarbeitet. Wie wichtig wäre eine erfolgreiche Akquirierung für das Wachstum von MTU? Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung?
Die MTU legt ihren Fokus ganz klar auf organisches Wachstum. Nichtsdestotrotz beobachten wir Entwicklungen am Markt und evaluieren potenzielle Marktchancen. Stand heute sind wir von Rolls-Royce allerdings nicht dazu eingeladen, uns am Bieterprozess für ITP zu beteiligen.
Martin Mrowka
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